Uhr

Crying - Crying about you - Crying not to cry
Hank Williams - zum 50. Todestag am 1.1. 2003
Von Hauke Strübing

Hiriam Hank Williams wurde am 17. September 1923 in Mount Olive in der Nähe von Georgiana, Alabama, geboren. Er stammte aus den denkbar einfachsten Verhältnissen und wuchs in einer Umgebung voller Armut und Entbehrungen auf. Die bitteren Erfahrungen seiner Jugendjahre hinterließen bei ihm einen tiefen Eindruck und bestimmten zum wesentlichen Teil den Menschen und Künstler Hank Williams. Obwohl sich um ihn in den Jahren nach seinem Tod ein Mythos gerankt haben mag, muß in Erinnerung gebracht werden, daß Hank Williams Zeit seines Lebens ein einfacher Mensch geblieben ist, der letztlich daran zerbrach, daß er sich selbst nicht beherrschte. Sein Rückenleiden - er litt auf Grund eines Geburtsfehlers unter einem geschlossenen Wirbelspalt - mag diesen Zerfallsprozeß nur noch beschleunigt haben.

Hank Williams zum 50. Todestag am 1. 1. 2003So entstanden dann auch seine schönsten Lieder in den Zeiten tiefster Depression. In der Musik und in seinen Liedern sah Hank Williams überhaupt die Möglichkeit, sich auszudrücken und mitzuteilen. Wie nur wenige Country Sänger vor und nach ihm schrieb  und sang er Lieder, die jedermann verstehen und nachempfinden  konnte: einfach, gefühlvoll und mit ungewöhnlicher Ernsthaftigkeit. Seine Themen waren die des täglichen Lebens. Sie beleuchteten mehr die Schattenseiten des Lebens, sie sprachen mehr von der Verzweiflung und vom harten Leben. Immer war es das crying, das crying about you und das crying not to cry. In seinen Liedern spiegelt sich der Glanz und das Elend seines eigenen Lebens wieder.

Als er 7 Jahre alt war, verließ sein Vater Elonzo Huble Williams die Familie wegen eines Leidens, das er sich im 1. Weltkrieg zuzog. Um die Familie zu unterstützen, mußte Hank Williams Zeitungen und Peanuts verkaufen und verdingte sich als Shoeshine-Boy. 1937 gründete der 14jährige Hank Williams seine erste Band. Als "Hank Williams And His Drifting Cowboys" tingelte er fortan in der näheren Umgebung in den Honky-Tonks von Montgomery, Alabama, herum und erhielt noch im gleichen Jahr seinen ersten Vertrag für eine Show bei der Radio Station WSFA-AM in Montgomery. Aber der Erfolg blieb aus. Sein musikalischer Stil, in dem Einflüsse der Gospel Music, der Black Music und von Ernest Tubb und Roy Acuff zusammentrafen, kam nicht an. Verbittert brach er im Jahr 1942 mit der Country Music und begann als Arbeiter auf einer Schiffswerft. Mit großer Mühe gelang es seiner Mutter Jessie Lillybelle Skipper Williams, die überhaupt eine große Rolle in seinem Leben spielte, ihn dazu zu bewegen, als Musiker weiter zu wirken. Sie "managte" den jungen Williams und die "Drifting Cowboys", vereinbarte die Termine und kassierte die Eintrittsgelder. Man nannte ihn in dieser Zeit wegen seiner Fähigkeit, Liedtexte zu verfassen, den "Hillbilly Shakespeare" - aber man kannte ihn als 14jährigen auch schon als Problem-Trinker. 1943 traf Hank Williams Audrey Mae Sheppard. Ein Jahr später heirateten die beiden. Audrey konnte auf ihn zunächst Einfluß ausüben und ihn in geregeltere Bahnen lenken.

1946 verkaufte Hank Williams seine ersten beiden Lieder an den Musikverlag Acuff-Rose. Und Fred Rose war es dann auch, der Hank Williams an die Schallplattenfirma STERLING vermittelte, bei der er im gleichen Jahr seine ersten Platten aufnahm ("Never Again / Calling You" Sterling 201 und "Honky Tonkin´/ Pan American" Sterling 210). Ein Jahr später nahm ihn die neu gegründete Schallplattenfirma MGM unter Vertrag. Seine ersten MGM-Aufnahmen aus dem Jahre 1947 - "Move It On Over / (Last Night) I Heard You Crying In Your Sleep" (MGM 10033) - wurden ein durchschlagender Erfolg und leiteten seine kurze 5jährige, äußerst ungewöhnliche und erfolgreiche Karriere ein.

Hank Williams wurde 1948 Mitglied der Louisiana Hayride in Shreveport, Louisiana. Am 27. Mai 1949 wurde sein Sohn Randall Hank Jr. geboren. Bereits  am 22. Dezember 1948 nahm er den "Lovesick Blues" auf, ein Riesenerfolg für ihn. Und schließlich debutierte er am 11. Juni 1949 mit diesem Lied an der Grand Ole Opry in Nashville, Tennessee. Das Publikum feierte ihn mit einer standing ovation, und sechsmal mußte er den "Lovesick Blues" wiederholen, etwas was es vorher und nachher nie mehr gab an der Opry! Bereits 1950 war Hank Williams nach Red Foley und Eddy Arnold beliebtester Country & Western Sänger seiner Zeit.

Eine Auslandstournee führte ihn, seine Frau Audrey, Roy Acuff, Little Jimmy Dickens, Rod Brasfield, Red Foley, Minnie Pearl  und Opry-Ansager Grant Turner im Herbst 1949 auch nach Deutschland. Eine Station hieß am 18. November 1949 der Titania-Palast  in Berlin. Hier entstand der Live-Mitschnitt von "Move It On Over", der auf der CD 10 der Box "The Complete Hank Williams" (MERCURY  314 536 077-2) zu hören ist. Die Tournee führte ihn auch nach Frankfurt und nach München, um dort amerikanische Truppen zu unterhalten: "Der Boden für die Country Stars war durch die populärste AFN-Radiosendung "Hillbilly Gasthaus" wohl bereitet. Vor und nach den Shows in Berlin, Frankfurt, München und Wien spielte Hank, wie Colin Escott schreibt, die Rolle des durch und durch hässlichen Amerikaners. Bei jedem neuen Gericht, das er nicht kannte, polterte er auf Deutsch los: He, Hermann, bring mir das Ketchup." [ aus DIE WELT vom 28.12.2002]. CD 10 der MERCURY-Box enthält dann auch das musikalische Juwel "The Old Country Church", das Hank Williams am 5. April 1952 im Ryman Auditorium in Nashville während einer Grand Ole Opry-Vorstellung gemeinsam mit Little Jimmy Dickens sang.

In weniger als fünf Jahren vollzog sich der beispielhafte Aufstieg von Hank Williams bis zur absoluten Spitze. Man kann heute wohl sagen, daß Hank Williams in diesem kurzen Zeitraum die größten Erfolge hatte, die es bis dahin in der Country Music gab. Er schrieb und sang in diesen Jahren etwa 125 Lieder, die alle in irgendeiner Weise in den Bestsellerlisten jener Jahre auftauchten: Your Cheatin´ Heart / You Win Again / Hey Good Lookin´ / Cold Cold Heart / Kaw-Liga / Crazy Heart / Lovesick Blues / Jambalaya / Half As Much. Oder auch Lieder, die er als Luke The Drifter vortrug: Men With Broken Hearts / Pictures From Life´s Other Side / Everything´s Okay / Just Waiting. Allein 90 Lieder wurden nach seinem Tod unveröffentlicht als Nachlaß vorgefunden. Viele seiner Platten sind Millionseller. Noch in den Jahren nach seinem Tod führte er die Listen der beliebtesten Country Sänger an. Im 1. Halbjahr 1953 standen die Aufnahmen "I´ll Never Get Out Of This World Alive" (im Januar), "Kaw-Liga" (im Februar, März, April und Mai), "Your Cheatin´ Heart" (im April und Mai) sowie "Take These Chains From My Heart" (im Juni) auf Platz 1 der Country Charts.

Seine großen Erfolge zu Lebzeiten und der späte große Erfolg können allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, daß Hank Williams ein vom Schicksal gezeichneter Mensch war. Und obwohl er von seinem schlechten Gesundheitszustand wußte, nahm er  vor allem sich selbst aber auch anderen gegenüber keine Rücksicht. Das Lindern seiner ständigen Schmerzen mit Drogen und Alkohol, durchschnittlich 200 Auftritte im Jahr, die er oft aber nicht absolvierte, und die unglückliche Ehe mit seiner Frau Audrey zehrten an seinen Kräften. Eine Operation Anfang 1952 konnte nur vorübergehende Linderung bringen. Im August 1952 feuerte ihn die Grand Ole Opry, und er ging wieder nach Shreveport an die Louisiana Hayride zurück. Er war von Gott und der Welt verlassen! Und schließlich heiratete er nur knapp 2 1/2 Monate vor seinem Tod am 19. Oktober 1952 die 19jährige Billie Jean Jones Eshliman. Seinen letzten Auftritt vor einem Publikum hatte Williams am 28. Dezember 1952 im Elite Cafe in Montgomery, Alabama. Während einer Autofahrt nach Canton, Ohio, wo er am Neujahrstag mit seiner "Biggest Jamboree 1953"-Truppe in zwei Vorstellungen auftreten sollte, starb Hank Williams. Sein Tod wurde am 1. Januar 1953 im Oak Hill Hospital, West Virginia, um 7 Uhr morgens festgestellt. Hank Williams wurde 29 Jahre alt. Am 4. Januar 1953 wurde er in Montgomery, Alabama, begraben.

Hank Williams lebt weiter in seinen Liedern und in den vielen Aufnahmen anderer Künstler aus der Country, Pop und Rock Music. Wie kaum ein anderer Sänger aus der Country Music zieht er noch 5 Jahrzehnte nach seinem Tod seine Bewunderer und auch neue Anhänger in seinen Bann. Vielleicht ist es der Mythos um seinen frühen Tod? Vielleicht sind es seine Lieder mit den eingängigen Melodien und anspruchsvollen Texten, die er mit ausdrucksvoller Stimme sang? Oft kopiert, doch nie erreicht. Für seine Verdienste um die Country Music wurde Hank Williams im August 1961 als einer der ersten neben Fred Rose und dem legendären Jimmie Rodgers in die Country Music Hall Of Fame gewählt.

*****

Hank Williams - zum 50. Todestag: Erinnerungen
Eine Diskographie seiner frühen Langspielplatten (mit den Original-Aufnahmen)
Eine Diskographie seiner MGM 45 RPM Extended Play Albums
THE COMPLETE HANK WILLIAMS: 10 CD Deluxe Box Set - 225 Aufnahmen - 53 bislang unveröffentlicht
Hank Williams - zum 50. Todestag: Die Tribute Songs (eine Auswahl)
Eine Diskographie seiner Sterling- und MGM-78er Schelllack-Platten sowie MGM-Singles